Leinenlos Geliebt.
Leinenlos Geliebt.
Wie viel Wahrheit erträgt eine Freundschaft? Wie viel Wahrheit kann Bestand einer Beziehung sein, wenn wir einander lieben wollen?
„Er kam mit der Wahrheit nicht klar…“, ist ein häufiger Satz, mit dem ich konfrontiert werde, wenn mir ein Mensch begegnet, der gerade eine Beziehung beendet oder eine Freundschaft verloren hat. Aber bedeutet das im Umkehrschluss, dass eine Beziehung die Wahrheit nicht erträgt und es vielleicht sogar besser ist, wenn manche Dinge einfach nicht mitgeteilt werden?
Erst gestern hatte ich ein Gespräch mit einer mir sehr nahe stehenden Person (meine Tante). In diesem Gespräch ging es um Dinge, die wir in der Erziehung unserer Kinder nicht immer korrekt lösen. Manchmal bin ich – auch im Umgang mit unseren Kindern – ein ziemlicher Heißsporn, was dazu führt, dass ich manchmal überfordert bin und auch mal lauter werde, wo es nicht angebracht ist. Das hat seine Gründe. Zum einen hab ich das wohl geerbt, zum anderen fühle ich mich manchmal allein gelassen und reagiere dann auch mal ablehnend. Gestern war so ein Tag und ich gab in diesem Gespräch auch zu, dass wir manchmal überfordert sind. Dass wir oft zwar die Probleme sehen, aber nicht aus unserer Haut können und uns so die Lösungsansätze fehlen. Meine Gesprächspartnerin hatte ihre Gedanken zu diesem Thema, doch bisher hatte sie damit bewusst hinter dem Berg gehalten, schließlich ginge sie das nichts an. Ich war entsetzt – und doch nicht.
Wie oft haben wir Angst unangenehme Wahrheiten auszusprechen, weil wir damit letzten Endes uns selbst schaden könnten, in dem die Beziehung zerbricht?
Ein Slogan, den wir dabei gerne verwenden ist, dass Liebe unsere Fehler bedeckt. Aber wenn wir mal nicht versuchen uns selbst zu verstecken, müssen wir uns dann nicht eingestehen, dass der Grund für unser verschweigen eher selbstsüchtiger Natur ist? Geht es nicht um mich? Um meine Angst?
Wir verschweigen die Wahrheit, weil ja jeder sein eigenes Leben führt und es uns nicht zusteht, in dieses einzugreifen… ich glaube daran nicht. Aber ich glaube sehr wohl an unsere Selbstsucht, an unsere Angst vor Ablehnung und daran, dass wir für den Frieden sehr vieles durchgehen lassen.
Und was wir in privaten Beziehungen tun, das tun wir auch vor Gott.
Unsere Kirchen interessieren sich nicht mehr so sehr dafür, was die Bibel sagt, vielmehr wird mit Liebe argumentiert. Mit dem Zeitgeist. Aber es ist nicht die Aufgabe Gottes und seines Wortes, sich daran anzupassen, was die Mehrheit will – sonst wäre Gott unter Hitler ein Nazi gewesen. Und dann kann es auch sein, dass der Gott der Bibel und der Gott des Koran derselbe sind. Aber in der Bibel steht etwas anderes: Gott verändert sich nicht. Seine Meinung ändert sich nicht, nur weil es uns besser in den Kram passt. Er bleibt derselbe – standhaft, gerecht und liebend. Wenn Gott Liebe ist, wie Johannes schrieb, was ist dann das, was wir ihm aufdrücken? Es fällt uns leicht, zu kritisieren, was uns an dem Gott der Bibel nicht gefällt, weil wir von ihm weg sehen können, aber wir sind nicht in der Lage einem Menschen zu sagen, was ihn zerstören wird ?!
Es ist paradox!
Wenn ich ein Problem mit dem Verhalten meiner Frau habe, dann sage ich es ihr. Wenn sie sich in einem Punkt von Gott entfernt, dann sage ich es ihr. Wenn sie sich selbst an erste Stelle stellt und Gott nur eine untergeordnete Rolle spielt, dann sage ich es ihr. Und ich erwarte von ihr dasselbe. Warum?
Es ist schwer, solche Dinge mitzuteilen und noch schwerer, dabei nicht zu urteilen oder verletzen. Manchmal fließen bei allen Beteiligten Tränen, aber Liebe erträgt alles sagt der Korintherbrief. Liebe erträgt die Wahrheit, denn die Wahrheit tut nicht so lange weh, wie die Folgen des Verschweigens. Jesus selbst sagt oft zu Menschen, dass sie umkehren müssen – gerade weil er sie liebt. Wer zuschaut, wie ein anderer auf den Abgrund zuläuft, der liebt nicht. Zumindest nicht den anderen, sondern nur dessen Zuneigung. Diese Form der Liebe, die Wahrheit verschweigt ist wie der gefallene Engel (der Teufel in Hesekiel), der ob seiner Schönheit Applaus sucht. Nur wer in der Wahrheit lebt, kann Gemeinschaft mit Christus haben. Wer dagegen sein eigenes sucht, der verschweigt unter dem Deckmantel der Liebe und zerstört damit durch Unterlassung. Er hilft damit weder sich, noch seinem Gegenüber.
Jesus ist die Wahrheit. Und wir sollten ihm nachfolgen.
Überhaupt: Wenn wir als Gläubige oder Kirche Sünde akzeptieren, dann spielen wir mit dem Leben der Menschen nur um uns selbst geliebt zu fühlen. Aber das ist falsch: Jesus liebt dich. Raff das, dann kannst du den anderen lieben – echt lieben…