Leinenlos Geliebt.

Tote Gebeine

  • Wie oft kommt es vor, dass wir völlig an einer Situation verzweifeln? Wie oft verlässt uns der Mut und vielleicht sogar der Glaube in einer solchen Situation?

    Die Situation scheint ausweglos, keine Rettung in Sicht. Man fühlt sich leer, ausgebrannt – fast schon innerlich tot. Die Situation kann sich ganz unterschiedlich gestalten – eine Scheidung, der Verlust der Arbeit, oder gar der Verlust eines geliebten Menschen – doch die Konsequenz ist immer die Gleiche: Frustration und Hilflosigkeit.

    In der Bibel gibt es eine Geschichte, die davon berichtet, dass der Prophet Hesekiel auf ein weites Feld sieht. Wo er auch hinsieht ist Tod. Aber nicht einfach nur Tod, nein, es waren Knochen, die bereits verdorrt waren. Also nicht nur tot, sondern sogar von der Verwesung in Angriff genommen. Wenn es eine Steigerung zu tot geben würde, wäre sie sicher in diesem Bild gefunden…

    Im Verlauf der Geschichte fragt Gott den Propheten, ob er glaubt, dass diese Knochen wieder lebendig werden würden? Der Prophet antwortet, dass Gott dies wisse. Er verlässt sich auf seinen Gott und lässt ihn handeln. Er legt quasi ihm diese Gebeine hin. Und was passiert? Gott lässt den Propheten über diese Gebeine weissagen, dass sie wieder lebendig würden – und sie wurden es!

    U C BONES, I C AN ARMY!

    Vor nicht allzu langer Zeit begegnete mir ein Mann auf der Straße, der völlig verzweifelt war. Sein Leben war mehr totes Gebein als alles andere. Seine Arbeit hatte er verloren, ohne das nötige Kleingeld warf seine Frau ihn raus – und zur Krönung verleumdeten ihn seine Kinder. Sie warfen ihm schlimme Dinge vor, so dass er keinen Kontakt zu ihnen haben durfte. Er war verzweifelt und schien langsam aufzugeben. Aus seinen Erzählungen hörte man Bedauern, Angst, Wut und Resignation heraus. Dennoch verlor er kein böses Wort über seine Kinder. Und irgendwie musste ich ihm glauben, er wirkte so ehrlich…

    Einige Tage später kam er auf mich zu und meinte, dass er es nicht mehr aushalte. Er habe keine Hoffnung mehr und wolle so nicht weitermachen. Er meinte, dass ich ihm nicht böse sein solle, wenn er bald nicht mehr da wäre, aber er sehe keinen Ausweg mehr. Er weinte bitterlich. Ich war sprachlos und wusste nicht so recht damit umzugehen. Er schien entschlossen zu sein und ich war völlig hilflos in dieser Situation. Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sich an der Situation etwas ändern würde. Die „Knochen“ schienen schon im Verwesungsprozess – schließlich hatte er schon mehrfach vor Gericht den Kürzeren gezogen und auch mehrere Wohnungsgesuche waren erfolglos geblieben. Ich musste an die Geschichte um Hesekiel denken und bot ihm auch an, mit ihm zu beten, was wir dann auch taten. Wir legten Gott diese toten Gebeine hin und baten ihn darum, sie wieder lebendig zu machen, neuen Mut und neue Kraft zu schenken und diese ausweglose Situation mit neuem Leben zu füllen. Wir umarmten uns und verdrückten noch ein Tränchen bevor wir auseinander gingen…

    Zwei Tage später suchte ich ihn – und ich fand ihn. Er war irgendwie verändert in seiner Körperspannung und seiner Ausstrahlung. Er lächelte. Am Abend erzählte er mir, dass er zwar noch keine Wohnung habe, aber dass seine Anwältin sich gemeldet hatte, dass sich Zeugen zu seinen Gunsten gemeldet hätten und Widersprüche der Gegenseite entdeckt worden seien, so dass sich das Blatt wohl wendete. Man sah ihm die Erleichterung an.

    Gott hatte die toten Gebeine in seinem Leben – zumindest teilweise – wieder zusammengesetzt. Und damit nicht genug: Zwei Tage später wurde ihm tatsächlich ein Neuanfang in Aussicht gestellt. Ein Zimmer zum Übergang. Weg von der Straße. Neuer Mut. Neuer Lebensodem.

    Gott bastelt weiter daran, die toten Gebeine wieder lebendig zu machen. Vor allem durch seinen Sohn, dessen Opfer uns lebendig macht, damit wir erkennen können, dass er der Herr ist. Es liegt an uns, unsere toten Gebeine offen vor ihn zu legen und sie ihm ganz anzuvertrauen. Er ist treu und wird zur rechten Zeit antworten.

    Und in seinem Namen spreche ich auch dir heute zu, dass er deinen toten Gebeinen (wenn du sie ihm ganz hinlegst) neues Leben, in welcher Form auch immer, einhauchen wird. Amen.

    Wenn du die Geschichte lesen möchtest: Hesekiel 37

    Samstag, 19.12.2015